Die neuen Zugänge zu Kultur
![]() | Anlass Diskussionsveranstaltung im MAK |
Die Digitalisierung hat die Archive erreicht und sowohl kulturelle Produktion als auch Distribution weitgehend transformiert. Im Rahmen der derzeit in Wien stattfindenden Konferenz „Shared Digital Futures“ diskutieren KünstlerInnen, ForscherInnen, KritikerInnen, UnternehmerInnen und ein engagiertes Publikum über die gesellschaftlichen Konsequenzen, die die Digitalisierung mit sich bringt sowie die Herausforderungen, die in der digitalen Zukunft auf uns warten:
° Wie kann ein erweiterter Zugang zu digitalen Netzwerken eine diversifizierte Kulturlandschaft fördern?
° Welche Möglichkeiten ergeben sich durch die Auflösung der Grenzen zwischen KünstlerInnen und Publikum?
° Was bedeutet es, wenn kulturelle Arbeiten als fertiggestelltes Werk und gleichzeitig als Basis für neue Arbeiten aufgefasst werden?
Den Auftakt bildeten vergangenen Mittwoch Workshops und eine Podiumsdiskussion im MAK unter dem Titel „Die neuen Zugänge zur Kultur“. Dabei stand - jenseits technischer, rechtlicher und finanzieller Probleme, die vordergründig viele Diskussionen beherrschen - insbesondere die Frage im Zentrum, welche Zukunftschancen die Digitalisierung für bestehende Institutionen wie Museen, Bibliotheken und Archive eröffnet und welche Rolle staatliche Kulturinstitutionen in der digitalen Informationslandschaft übernehmen können.
Die anwesenden VertreterInnen österreichischer Kulturinstitutionen - Gabriele Fröschl (Mediathek), Bettina Kann (Nationalbibliothek) und Christoph Thun-Hohenstein (MAK) - begrüßten vorbehaltslos die Digitalisierung ihrer Bestände und die damit ermöglichten neuen, demokratischen Zugänge. So hielt Gabriele Fröschl Skeptikern in anderen Kulturinstitutionen entgegen, dass mit der Digitalisierung „öffentliches Gut bewahrt und besser zugänglich gemacht wird“ und dass es sich bei den Beständen der Archive, Museen und Bibliotheken „eben nicht um privaten oder institutionellen Besitz handelt“, zu dem man den Zugang beschränken kann. Die Digitalisierung und freie Verfügbarkeit der digitalen Daten, betonte Thun-Hohenstein, erzeuge „Momente der Aufmerksamkeit“, die auch im Interesse der Institutionen sei, sie ermöglicht - so Bettina Kann - Wissenschaftern auch neue Fragen an die Bestände zu stellen und gebe auch den Institutionen Anstöße, sich mit den eigenen Beständen neu auseinander zu setzen. Sie bringe nicht nur einen großen internen Professionalisierungsschub sondern förderte in der Nationalbibliothek auch Bestände zu Tage, „von denen man gar nicht wusste, dass man sie hat.“ Auch dadurch werde der große organisatorische und finanzielle Aufwand, der mit der Digitalisierung verbunden ist, mehr als gerechtfertigt.
Marc Sands (Director of Media and Audiences, Tate Gallery London) strich darüber hinaus hervor, dass es durch die Digitalisierung und damit die weltweite Zugriffsmöglichkeit auf Daten auch zur Bildung neuer, interessierter (globaler) Communities komme, die einen Paradigmenwechseln gegenüber der Print-Öffentlichkeit darstellten, der schon jetzt entscheidende Folgen auch für die wissenschaftliche und kuratorische Arbeit habe. Daher müsse die Digitalisierung im allgemeinen Interesse weiter vorangetrieben werden.
Das bestehende Urheberrecht sollte an diesem Abend zwar explizit nicht diskutiert werden, am Beispiel der Österreichischen Mediathek zeigt sich aber, dass ohne sinnvolle Änderungen des Urheberrechts die Digitalisierung oft nur konservatorische Funktion (konkret die Bestandserhaltung von Audio- und audiovisuellen Dokumenten) erfüllen kann, aber keinen direkten Vorteil für die interessierte Öffentlichkeit erbringt: Von den bislang digitalisierten Beständen (ca. 18.000 Stunden Ton- und Filmmaterial) sind - aufgrund fehlender oder nicht geklärter Rechte - nur 4 bis 5 Prozent auch tatsächlich online verfügbar. Diese Problematik ist eines der weiteren Themen, die auf der Konferenz noch heute Freitag und morgen Samstag diskutiert werden sollen.
Link zum Kongressprogramm: http://world-information.net/sdf/shared-digital-futures-programme/