Zur Startseite des Kulturpools
Österreichs Portal zu Kunst, Kultur und Bildung eine Initiative von Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport

(Suche nach Tags: z.B. <Highlight>)

Buchdruck

  • Automatisch generiertes Inhaltsverzeichnis
  • Automatisch generiertes Quellenverzeichnis


1. Die Gutenbergbibel
Ein Blatt aus der 42-zeiligen Gutenberg Bibel (vom Bearbeiter vergebener Titel)
Ein Blatt aus der 42-zeiligen Gutenberg Bibel (vom Bearbeiter vergebener Titel)

Um 1450 hat der Mainzer Johannes Gensfleisch, der nach seinem Geburtshaus Gutenberg genannt wird, eine Methode zur Vervielfältigung beweglicher Lettern erfunden und damit den Buchdruck in Europa revolutioniert. Als Gutenbergs Hauptwerk und als erste vollständige Inkunabel (Wiegendrucke, i.e. frühe Drucke aus der Wiege des Buchdrucks bis 1500 n. Chr.) gilt die 42-zeilige Bibel (s. Abb.) bzw. Gutenberg-Bibel oder B-42 (vgl. Walther 2006, 229). Sie entstand zwischen 1452 und 1454. Ihr Name rührt davon, dass die Spalten der meisten Blätter je 42 Zeilen aufweisen. An den Abbildungen lässt sich erkennen, dass ihr Druckbild wie das der meisten Inkunabeln der Erscheinung alter Handschriften nachempfunden ist (vgl. Funk 2006, 105 bzw. Walther 2006, 228). Initialen und Verzierungen (hier nicht zu sehen) sowie teilweise auch die roten Überschriften wurden immer noch per Hand eingefügt. Innerhalb der etwa zweijährigen Produktionszeit wurde ca. 180 Exemplare der 42-zeiligen Bibel gedruckt, „etwa 150 auf Papier und 30 auf Pergament. Für letztere wurden rund 500 Kalbshäute verbraucht“ (Lyons 2012, 57). Eine Auflistung der heute erhaltenen Exemplare bietet http://www.gutenberg.de/bibel/exemplare_heute.php#. In der Österreichischen Nationalbibliothek befindet sich ein zweibändiges Papier-Exemplar.

Die wichtigsten Städte für die Frühzeit des Buchdrucks waren „Köln, Augsburg, Leipzig, Straßburg, Nürnberg, Basel, Venedig, Rom, Mailand, Florenz, Paris und Lyon“ (Walther 2006, 229). Die Höhe der gedruckten Auflagen hat sich in den ersten Jahrzehnten von 1450 bis 1480 teilweise auf 1000 Stück verzehnfacht (vgl. ebd.). Mithilfe der neuen Drucktechnik wurde aber nicht nur die Buchproduktion beschleunigt, sondern auch die „Standardisierung der großen europäischen Sprachen“ (Lyons 2012, 55) befördert. Die Revolution des Buchdrucks war außerdem eine Revolution des Lesens: Sie „äußert sich qualitativ im tendenziellen Wechsel vom intensiven (immer wieder dieselbe Lektüre) zum extensiven Lesen (immer nur neue Lektüre), vom ,Studium‘ zur ,Unterhaltung‘ (zunehmend multifunktionale Nutzung der Lektüre), vom ,objektiven’ zum ,subjektiven‘ Lesen („mein Klopstock“; vgl. Alewyn), vom exklusiv ,gelehrten’ zum alltäglich ,bürgerlichen‘ Lesepublikum; quantitativ in der Zunahme von Lesegelegenheiten (Lesefähigkeit, -interesse, Bücher-, Zeitungs- und Zeitschriftenangebot, Lesegesellschaften, Leihbibliotheken, Ubiquität des Lesens, verfügbare ,Freizeit’)“ (Aust 2010, 408).

2. Industrialisierung des Buchdrucks

Gutenbergs Erfindung blieb bis ans Ende des 18. Jahrhunderts produktiv (vgl. Lyons 2012, 99). Die dann einsetzende Mechanisierung veränderte das Handwerk und die Arbeitsstätte (s. Abb.) der Buchdrucker radikal.  „Die Industrialisierung wurde notwendig, da das aus der Aufklärung erwachsene und ständig steigende Lese- und Informationsbedürfnis, das alles Schichten der Bevölkerung erfaßte, zu einem regen Literaturbetrieb geführt hatte und die weitere gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung nach einer Produktionssteigerung verlangte“ (Funke 2006, 189). Holz- wurden durch robustere und größere Metallpressen ersetzt. Schnell- oder Zylinderpressen und Rotationsmaschinen lösten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die klassische Tiegeldruckpresse ab.

Interieur der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt: Offsetdruckmaschine
Interieur der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt: Offsetdruckmaschine
Offsetdruck, Der moderne Druck der Gegenwart, Münster & Co (Kurztitel)
Offsetdruck, Der moderne Druck der Gegenwart, Münster & Co (Kurztitel)

Gutenbergs Erfindung blieb bis ans Ende des 18. Jahrhunderts produktiv (vgl. Lyons 2012, 99). Die dann einsetzende Mechanisierung veränderte das Handwerk und die Arbeitsstätte (s. Abb.) der Buchdrucker radikal.  „Die Industrialisierung wurde notwendig, da das aus der Aufklärung erwachsene und ständig steigende Lese- und Informationsbedürfnis, das alles Schichten der Bevölkerung erfaßte, zu einem regen Literaturbetrieb geführt hatte und die weitere gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung nach einer Produktionssteigerung verlangte“ (Funke 2006, 189). Holz- wurden durch robustere und größere Metallpressen ersetzt. Schnell- oder Zylinderpressen und Rotationsmaschinen lösten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die klassische Tiegeldruckpresse ab.

3. Ende der Gutenberggalaxis

Mit dem Buchdruck hat sich, einer weitbekannten Theorie des kanadischen Philosophen Marshall McLuhan (1911-1980) zufolge, auch das Zusammenwirken unseres Sinnes- und Denkvermögens entscheidend verändert: „Wenn die eigensinnige Erfindungsgabe des Menschen einen Teil seines Wesens in einer matieriellen Technik veräußerlicht hat, dann verschiebt sich sein gesamtes Sinnesverhältnis“ (McLuhan 1968, 355). McLuhans Theorie gibt in Techniken fundierte Medien als „Extensionen des Menschen zu verstehen, „vom Rad als Erweiterung der Fortbewegung bis zum Computer als Ausweitung der Denkleistung“ (Brockhaus Philosophie 2009, 262). Die vom Medium Buchdruck und der entsprechenden kognitiven Konstitution ihrer BewohnerInnen geprägte Epoche nennt McLuhan die Gutenberg-Galaxis (vgl. McLuhan 1968). Im Untertitel seines gleichnamigen und im Original 1962 erschienenen Buches kündigt sich das Ende des Buchzeitalters an. Mit der Erfindung der Fernsprechtechnik habe die Ablöse eingesetzt: „Die neue elektrische Galaxis der Ereignisse ist schon tief in die Gutenberg-Galaxis eingedrungen. Auch ohne Zusammenstoß verursacht eine solche Koexistenz verschiedener Techniken und Bewußtseinsformen bei jedem heute lebenden Einzelmenschen Traumata und Spannungen. Unsere alltäglichsten und konventionellsten Haltungen erscheinen plötzlich grotesk und verzerrt. Altvertraute Institutionen und Beziehungen erscheinen bisweilen bedrohlich und bösartig“ (McLuhan 1968, 373). In Anschluss an McLuhan steht die Frage, „inwiefern die Digitalisierung [und die Ausbreitung des Internets] ein neues Zeitalter der Medienkultur prägt“ (Brockhaus Philosophie 2009) im Zentrum gegenwärtiger Medienphilosophie (vgl. dazu auch Wunderlich, Werner/Schmid, Beat: Die Zukunft der Gutenberg-Galaxis. Tendenzen und Perspektiven des Buches. Bern u.a.: Haupt 2008).

Buch-automat der Firma Herzog, Menschen kaufen sich Bücher
Buch-automat der Firma Herzog, Menschen kaufen sich Bücher
4. Fragen und Anregungen für den Unterricht
  • Welche Rolle spielen Bücher in deinem täglichen Leben?
  • Diskutiere, welchen Einfluss es auf Stellenwert und Funktion von Drucksachen hat, dass digitale Produktionsmittel (Computer, Layoutprogramme, Digitaldrucker) relativ zugänglich und relativ kostengünstig sind?
  • Beschreibe dein Leseverhalten und nimm dabei Bezug auf die Begriffe der oben zitierten Passage von Hugo Aust!
  • Wie könnten Bücher vor der Erfindung Gutenbergs gedruckt worden sein und was macht Gutenbergs Erfindung so revolutionär?
  • Recherchiere, ab wann und wie Bücher in anderen Teilen der Welt außerhalb Europas gedruckt wurden!
  • Inwiefern lässt sich die Erfindung des Internets mit der Erfindung Gutenbergs vergleichen?
  • Welche Bilder ließen sich für das Ende der Gutenberg-Galaxis und für die Zeit danach finden?
  • Viele der großen Papierfabriken und Druckereien bieten Führungen für Schulklassen an. Dasselbe gilt für die großen österreichischen Bibliotheken, die zum Teil beträchtliche Sammlungen alter Handschriften und früher Druckwerke vorweisen können.
5. Literatur
  • Aust 2010 = Aust, Hugo: Lesen. In: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte. Bd. I: A – G. Bd. II: H – O. Bd III: P – Z. Hrsg. v. Braungart, Georg / Fricke, Harald / Grubmüller, Klaus / Müller, Jan-Dirk / Vollhardt, Friedrich / Weimar, Klaus. Berlin/New York: De Gruyter 2010. (Online unter http://www.degruyter.com.degruyterbuecher.han.onb.ac.at/viewbooktoc/product/175648 abgerufen am 16.08.2016.)
  • Brockhaus Philosophie 2009 = Lexikonredation des Verlags F.A. Brockhaus: Der Brockhaus Philosophie. Ideen, Denker und Begriffe. 2., erw. Auflage. Mannheim: Brockhaus 2009.
  • Funke 2006 = Funke, Fritz: Buchkunde. Ein Überblick über die Geschichte des Buches. 6., überarb. und erg. Aufl. München/Wiesbaden: Saur/VMA 2006.
  • Lyons 2012 = Lyons, Martyn: Das Buch. Eine illustrierte Geschichte. Aus dem Englischen von Birgit Fricke und Jutta Orth. Hildesheim: Gerstenberg 2012.
  • McLuhan 1968 = McLuhan, Marshall: Die Gutenberg-Galaxis.
  • Walther 2006 = Walther, Karl Klaus (Hg.): Lexikon der Buchkunst und Bibliophilie. München: Saur 2006.

Was wollen Sie
als Nächstes tun?

Anmelden