Arbeitslose Roboter
![]() | Anlass Der „Maschinensteuer“-Streit in der Österreichischen Bundesregierung |
„Ein Roboter“, so lautet die knappe, nüchterne Definition auf Wikipedia, „ist eine technische Apparatur, die üblicherweise dazu dient, dem Menschen mechanische Arbeit abzunehmen.“ Unüberlicherweise, könnte man ergänzen, wird sie den Menschen in Zukunft noch mehr Arbeit abnehmen, als bloß die mechanische. Das macht nicht nur intelligenten Robophobikern wie Stephen Hawkins und Elon Musk (Tesla) Sorgen, die jüngst in einem offenen Brief davor gewarnt haben, dass die Menschheit die Kontrolle über die von ihr entwickelte künstliche Intelligenz verlieren könnte.
"Robots", computergenerierter Animationsfilm von Chris Wedge (Ars Electronica Centre Linz): "Wir haben den Robotern einen physischen 'Charakter' gegeben, indem wir Details wie Rost, Lackabsplitterungen und Ölflecken eingebaut haben - all die kritischen Kleinigkeiten halt, die die Oberflächen von Robotern und einer mechanischen Welt ausmachen." (Michael Eringis, Materials Supervisor für "Robots").
Auch Sozialpolitiker blicken zunehmend ratlos auf das wachsende Phänomen technologiebedingter Arbeitslosigkeit. Denn wenn Roboter uns mehr und mehr Arbeit abnehmen, droht unser auf lohnbezogenen Abgaben basierendes Sozialsystem früher oder später zu kollabieren. Die politisch gerade wieder heftig diskutierten Alternativen heißen „Wertschöpfungsabgabe“ und „Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE)“; Alternativen, die einem grundlegenden Paradigmenwechsel unserer (kapitalistischen) Arbeitskultur gleichkommen, die nach Foucault stets auch eine Disziplinierungskultur ist.
Der aktuelle Vorstoß von Österreichs Neo-Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) für eine "Wertschöpfungsabgabe" signalisiert zwar noch keinen radikalen Bruch mit unserer Arbeitskultur, löst beim konservativen Koalitionspartner ÖVP aber dennoch einen ebenso tiefen Unmut aus, wie die nicht mehr enden wollenden Diskussionen um das BGE. Weil, so die natürlich nicht so offenkundig artikulierten Befürchtungen, die Menschen dann vielleicht nur mehr solche Tätigkeiten gegen Lohn verrichten würden, die sie gerne machen oder die besonders gut bezahlt werden: Für die einen ein veritables Horrorszenario, für die anderen der nächste Schritt zur endgültigen Befreiung der Menschen aus Frondiensten.
Maschinenmensch Sabor: Der per Fernsteuerung bewegte "Roboter" des Schweizer Ingenieurs Peter Steurer bei einer Vorführung in Linz im Jahre 1952 (links) und Roboter-Kubismus: Selbstporträt des tschechischen Künstlers Josef Čapek (1920), auf den auch der Begriff "Roboter" zurückgeht (rechts).
Und damit schließt sich begriffsgeschichtlich der Kreis. Denn dem Wort Roboter liegt das tschechische Wort „robota“ zugrunde. Was auf Deutsch nichts anderes heißt als Frondienst oder Zwangsarbeit. Der Begriff weist also darauf hin, dass die „technische Apparatur“ dem Menschen nicht bloß die mechanische Arbeit abnimmt, sondern ihn auch von der sozial disziplinierenden Zwangsarbeit befreit.
Erstmals in die Literatur eingeführt wurde der Begriff „Roboter“ von den tschechischen Schriftsteller- und Künstler-Geschwistern Josef und Karel Čapek (1887-1945 bzw. 1890-1938). Und zwar in Karels Theaterstück „R.U.R. (Rossums Universal-Robots)“, das von einem Unternehmen handelt, das künstliche Menschen (nach heutigem Sprachgebrauch also Androiden) herstellt. Diese „Robots“ werden als billige und rechtlose Arbeiter verwendet. Ihr massiver Einsatz in der Industrie verändert mit der Zeit die gesamte Weltwirtschaft, bis im weiteren Verlauf des Theaterstücks die Kunstmenschen rebellieren und die Menschheit vernichten. Eine dystopische Vision, die bei den Čapeks nicht nur angesichts des Aufstiegs des Faschismus und im Zuge ihrer Verfolgung durch die Gestapo reifte (Josef Čapek starb 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen), sondern auch vor dem Hintergrund der industriellen Massenproduktion und angesichts der in Entwicklung befindlichen Massenvernichtungswaffen, die bald danach auch tatsächlich zum Einsatz kommen sollten.
Maschinenmensch Sabor von innen (links) und rechts: Als auch Roboter noch rauchen durften (1952)
Wie es sich für einen Vagabunden gehört, findet die Performance ausschließlich auf der Straße statt. Dirk flaniert einfach mit seinem rasselnden Einkaufswagen durch die Straßen und bleibt hin und wieder stehen, um eine Melodie auf seiner Drehorgel zu spielen oder die ihn umringenden Menschen mit ausgestreckter Hand um ein paar Münzen zu bitten. Die meisten Menschen schrecken vor Obdachlosen automatisch zurück, aber in diesem Fall ist er auch eine seltsame Attraktion. Dieses Dilemma ruft Spannung beim Publikum hervor und führt manchmal zu hitzigen Diskussionen. Es ist für die Leute gleichermaßen erschütternd wie unterhaltend, wenn sie bemerken, dass sie einen Roboter für einen Menschen gehalten haben. Es ist eine Erfahrung, die bisher niemand im Publikum gemacht hat. Und zugleich eine ironische Umkehrung der robophoben Befürchtung, dass wir zu mittellosen Landstreichern werden, wenn die intelligenten Maschinen uns die Arbeit abnehmen, mit denen wir heute noch unseren Lebensunterhalt bestreiten.
Und wenn wir einst auch mehr Maschinen als Arbeit haben, wird vielleicht dem einen oder anderen Roboter tatsächlich auch ein Dirk’sches Schicksal ereilen. Dann bekommt endlich auch der Begriff „Maschinensteuer“ einen neuen Sinn.
Eine kurze Geschichte der Kartographie
![]() | Anlass Georg Matthäus Vischers Niederösterreichkarte – Ein Prunkstück der NÖ Landesbibliothek |
Die Beschäftigung mit alten Landkarten mag im Zeitalter der Satellitenaufnahme für manchen als Anachronismus erscheinen. Alte Karten und damit die Beschäftigung mit der Geschichte der Kartographie stellen jedoch einen wichtigen und interessanten Forschungsbehelf zu kulturwissenschaftlichen Fragestellungen dar.
Vischer, Georg Matthäus: Archiducatus Austriae inferioris geographica et noviter emendata accuratissima descriptio. Wien, 1697, Kupferstich im Maßstab von ca. 1:144.000 ( Stecher: Jakob Hoffmann und Jakob Hermundt ), Gesamtgröße der Karte ca. 180 x 150 cm (20 Blatt à 44 x 30 cm) Signatur NÖLB AV 227/1697 (Nach der von Melchior Küsell gestochenne Erstausgabe aus dem Jahr 1670)
Denn auch wenn das Bestreben der alten und der modernen Kartopgraphie ähnlich ist, nämlich einen geographisch-politischen Bereich möglichst exakt darzustellen, so sind die alten Landkarten dennoch vor allem vom Vorstellungsvermögen und von den Kenntnissen des ausführenden Künstlers geprägt, die jeweils auch stark von politischen, ideologischen und religiösen Bedingungen beeinflusst sind.
Die ältesten „Karten“ stammen, wie eine Wandmalerei in Zentralanatolien zeigt, auf der eine Siedlung um 6200 v. Chr. mit ihren Häusern und dem Doppelgipfel des Vulkans Hasan Dağı zu sehen ist, bereits aus dem Neolithikum. Bedeutende frühe Zeugnisse stammen aus der babylonischen Zeit. Den ersten ernsthaften Versuch, eine brauchbare Karte unter mathematischer und geometrischer Kenntnis anzufertigen, unternahm Anaximander, ein Schüler von Thales, um 541 v. Chr.
Die Kartographen Gerhard Mercator und Wolfgang Lazius (oben); Mercators Österreichkarte aus dem Jahr 1585 (links unten) und Lazius' Niederösterreichkarte - Druck aus dem Jahr 1570 (rechts unten).
Als für die weiteren Epochen prägend sollte das Weltbild des Griechen Ptolemäus (um 100 n. Chr.) werden. In den ältesten Manuskripten seiner Kosmographie finden sich Handzeichnungen von Karten. Das Werk war jedoch im Kern ein Verzeichnis astronomischer Positionen. Obwohl noch stark fehlerhaft, erfuhren Ptolemäus’ Werke noch 1000 Jahre später durch den einsetzenden Buchdruck um 1450 eine erhebliche Verbreitung. Das lag auch daran, dass die griechisch-römische Wissenschaftstradition im Mittelalter Jahrhunderte lang unterbrochen wurde. Zwar wurden weiter Karten angefertigt, doch fußten sie auf der kirchlichen Erdscheibenlehre. Für das Christentum des Frühmittelalters war geographisches Wissen nur insofern wichtig, als es das Wissen um die Örtlichkeiten des Heilsgeschehens umfasste. Der zu den Kirchenvätern gezählte christliche Philosoph Lucius Caecilius Firmianus Lactantius (um 250 - 320) vertrat sogar die Ansicht, dass geographische Unwissenheit verdienstvoll und gottgefällig sei.
Erdkarte von Peter Apian, 1520 (links) und Erdglobus von Gerhard Mercator (rechts).