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Face Book Art

Anlass
„Like-Button für den Kunstdiskurs? Strategien digitaler Publikums-Interaktion“
Podiumsdiskussion am Freitag, 22. November 2013, 14.00 Uhr, im Dorotheum/Wien

„In analogen Medien geht es um das Dokument, in digitalen Medien um den Dialog.“ (Khoi Vinh) Im Digitalen stehen wir in einem andauernden Gespräch. Und damit „verflüssigt“ sich, wie Dirk von Gehlen meint, auch unsere auf das Dokument fixierte Vorstellung von Kunst und Kultur. Mehr oder weniger unabhängig von Diskursen über den urheberrechtlichen Status von Digitalisaten (also den durch Digitalisierung entstandenen Kopien) verbreitet sich auch die Bildende Kunst rasant im weltweiten Netz; nicht nur auf einschlägigen webbasierten Datenbanken (von Google Art bis Europeana), nicht nur auf den Websites von Museen und Kunsthallen, sondern auch in den Social Media-Netzwerken.

Screenshots der Facebook-Seiten von Wiener Museen

Im deutschsprachigen Raum nutzen mittlerweile mehrere hundert Museen und Ausstellungshäuser Facebook, um zu werben und mit Interessierten Kontakt aufzunehmen. Die Communities wachsen zunehmend, immer mehr Kulturinteressierte „liken“ die Fanseiten ihrer Lieblings- und Stammmuseen. Sie möchten nicht nur informiert werden, Fotos und Videos sehen, sondern auch interagieren, kommentieren, diskutieren; und sie möchten „mitmachen“, sofern es einen gegebenen Anlass gibt und sie dazu motiviert werden.

Das hat das Museum Essl in Klosterneuburg zu einem Feldversuch veranlasst: Zu einer Ausstellung, die von Facebook-Fans kuratiert wurde. Aus etwa 7000 Werken des Museums wurden 150 vorab ausgewählt und auf der Facebook-Seite mit dem Aufruf gepostet: „Liked jene Werke, die ihr in der Ausstellung sehen wollt, diskutiert eure Wahl in den Kommentaren mit anderen Usern und teilt jene Werke, von denen ihr glaubt, sie müssten mehr Likes erhalten! Aus dem Top-Ranking eurer Likes wird so eine Ausstellung entstehen!“ Zwei Wochen lang konnten die Nutzer abstimmen, welche Werke ihnen am besten gefallen.

„Liked jene Werke, die ihr in der Ausstellung sehen wollt!" - Auf der Facebook-Seite des Essl-Museums gepostete Kunstwerke

1100 Facebook-Nutzer haben mitgemacht und etwa 4000 Mal auf "Gefällt mir" geklickt. Die zur Auswahl stehenden 150 Bilder wurden innerhalb von zwei Wochen insgesamt 45.000 Mal aufgerufen. Für Karlheinz Essl und seinen Ausstellungsleiter Andreas Hoffer war es ein Experiment in vielerlei Hinsicht: Ist Facebook für Museen bloß ein Marketing-Tool? Dient es bloß der Community-Pflege und als Feedback-Möglichkeit? Oder wird es zu einem echten Diskurs zwischen Usern und Museum kommen? Geht mit der Partizipation des Publikums letztendlich auch eine Veränderung im Umgang mit Kunst einher? Wird sich die Kunst selbst durch diesen Einfluss verändern? Und: Welche Folgen hat User-Partizipation für die kuratorische Praxis der Zukunft?

Mehr als 300 Likes: PATRÍCIA JAGICZA, Estrella, 2010, Öl auf Leinwand / Oil on Canvas, 150 x 180 cm, © Sammlung Essl Privatstiftung, Foto: Archiv der Künstlerin

Der unglaublich spontan und schnell ablaufende Auswahlprozess im Netz war für Essl und Hoffer ein Gegenmodell zur herkömmlichen Arbeit für eine Ausstellung, die verkopft und reflektiert, „aber sicher nicht objektiver abläuft“. Für das Aufhängen der von Facebook-Usern ausgewählten Werke schließlich war eine Gruppe von Gastkuratoren verantwortlich, die sich dafür selbst über die Facebook-Site bewerben konnten. Zuvor wurde in einem zweitägigen Workshop im Museum ein kuratorisches Konzept entwickelt. “Für die Erstellung des Konzepts haben wir uns“, so die sechs Kuratorinnen und Kuratoren, „an dem Werk orientiert, das beim Facebook-Voting mit Abstand die meisten Likes bekommen hat, nämlich ,Estrella‘ der ungarischen Künstlerin Patrìcia Jagicza. Wir haben darüber diskutiert, warum ausgerechnet dieses Bild in der Online-Community so erfolgreich war und sind zu dem Schluss gekommen, dass in dem Gemälde das Spannungsverhältnis zwischen Privatheit und Öffentlichkeit spürbar wird. Daraus hat sich eine kritische Reflexion über Medien und die Wahrung der Intimsphäre ergeben“ und damit der rote Faden der Schau: Die Ambivalenz zwischen Intimität und Sichtbarkeit, die sich symptomatisch in dem Bild einer maskierten Frau vor dem Spiegel zeigt.

Obwohl im virtuellen Raum kuratiert hat die Ausstellung selbst, die noch bis zum 6.Jänner 2014 zu sehen ist, wenig Virtuelles an sich, im Gegenteil: „Selten“, so schreibt die Süddeutsche Zeitung,
„fühlt man sich als Besucher auf derart erfrischende Weise angeregt, abseits der großen marktgängigen Namen unbekanntere, doch durchaus interessante internationale Künstler zu entdecken.“

Über Sinn und Unsinn partizipativ kuratierter Ausstellungen sowie über zukünftige Strategien digitaler Publikums-Interaktion wird am 22.November bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Vienna Fair im Dorotheum diskutiert.