Wellness in der Kunst
![]() | Anlass Ausstellung "Splash! Das Bad der Philippine Welser" im Schloss Ambras |
Baden ist menschliches Urbedürfnis, ist Luxus oder Notwendigkeit, Lust oder Zwang zur geforderten Sauberkeit. Das Bad verbindet sich mit tradierten Ritualen, mit sozialen oder religiösen Praktiken. Es kann Ort der Ruhe und Entspannung, der Freizeit, der Lust sein, aber auch ein Ort des Verbrechens, des Selbsthasses, des verbotenen Hinschauens, der Scham und des Ekels. In der Kunst spiegelt das Motiv des Badens seit der Antike unterschiedliche Vorstellungen vom Körper, von Schönheit, von Verletzlichkeit und Intimität. Sie bildet zeitgenössischen Meinungen über das Baden ab und reflektiert bildlich über die kulturellen Werte, die sich im Badeakt bündeln: Schönheitsideale der Zeit, Hierarchien und Status, Vorstellungen von Schamgefühl, Umgang mit Nacktheit, die Frage nach Sauberkeit und Hygiene, Körperwahrnehmung und -pflege, Religion und Sexualität.
*Links: Anonym: "Philippine Welser" - KHM Mitte: Fransesco Terzio: "Erzherzog Ferdinand II" (um 1550) - KHM Rechts: Tintoretto: "Susanna im Bade" (um 1555/1556) - KHM
Hans von Aachen: "David und Bathseba" (1612-1615) - Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie
Wasser diente jedoch seit jeher nicht nur zur körperlichen, sondern auch zur spirituellen oder moralischen Erneuerung. Es kann den Menschen verwandeln, ihn verjüngen, ihm sogar seine Unschuld zurückgeben. Eingetaucht ins Wasser verliert der Körper seine Schwere und seine Bodenhaftung. In der Taufe, bei der rituellen Fuß- oder Handwaschung reinigt sich der Mensch in seiner körperlich-seelischen Ganzheit. Der Leitgedanke der umfassenden Erneuerung, der sich etwa im Bild des Jungbrunnens ausdrückt, hat bis heute in der Konzeption moderner Wellness-Oasen überdauert und wird ebenfalls künstlerisch reflektiert.
Das Bad der Philippine Welser mit verzinnter Badewanne von 1567 - copyright KHM Schloss Ambras
° „Splash. Das Bad der Philippine Welser.“ Ausstellung im Schloss Ambras in Kooperation mit dem Osterfestival Tirol, 30. 3. – 30. 6. 2012, täglich 10 – 17 Uhr
Digitales Kulturerbe
![]() | Anlass Start der Digital Public Library of America |
Die Digitalisierung des weltweiten Kulturerbes schreitet massiv voran. Anfang April hat Google sein vor etwas mehr als einem Jahr gestartetes Portal für Kunstwerke (Google Art Project) wieder stark erweitert; diesmal auch um zahlreiche Werke von drei großen Österreichischen Museen (Albertina, Kunsthistorisches Museum und Leopold Museum). Ende April soll in den USA das ambitionierte Projekt der Digital Public Library of America (DPLA) mit vorerst etwa 2 Millionen digitalisierten Büchern online gehen. Die von der Bibliothek der renommierten Harvard University initiierte DPLA versteht sich als öffentliche Alternative zu Google Books; sie will umfangreicher sowie unbehindert von kommerziellen Motiven das traditionelle System Öffentlicher Bibliotheken ins digitale Zeitalter übersetzen.
° Links: www.europeana.eu, dp.la, www.googleartproject.com
Der Altmeister des Comics
![]() | Anlass 180.Geburtstag von Wilhelm Busch |
Heinrich Christian Wilhelm Busch (1832 bis 1908) war einer der einflussreichsten humoristischen Dichter und Zeichner des 19. Jahrhunderts. Heute gilt er als einer der größten Virtuosen der Bilderzählung und damit als Urvater des Comics.
Schon seine frühen Bildergeschichten (die ersten erschienen ab 1859) unterscheiden sich deutlich von denen seiner Zeitgenossen und zeigen eine zunehmende Konzentration auf die Hauptfiguren, sind sparsamer in der Binnenzeichnung und weniger kleinteilig im Ambiente. Die Pointe entwickelt sich aus einem dramaturgischen Verständnis der ganzen Erzählung heraus. Alle Bildergeschichten folgen einem Handlungsablauf, der wie in einem Film in Einzelsituationen zerlegt wird. Damit vermittelt Busch, zuweilen durch Perspektivwechsel verstärkt, den Eindruck von Bewegung und Aktion. Nach Ansicht von Gert Ueding ist die Bewegungsdarstellung, die Busch trotz der Beschränkung des Mediums gelingt, bislang unerreicht geblieben. Zu seinen bekanntesten Bildergeschichten zählt neben „Max und Moritz“ die Knopp-Trilogie, von der die Grafische Sammlung der Wiener Albertina zahlreiche Originalzeichnungen besitzt, die als Vorlage für die mit Hilfe der damals neuen Drucktechnik der Zinkografie hergestellten Publikationen dienten. Dafür wurden die Originale fotografiert und auf eine lichtempfindliche Zinkplatte übertragen. Das Werk entstand in den 1870er Jahren und fällt damit in die mittlere Schaffensphase von Wilhelm Busch. „Abenteuer eines Junggesellen“ war der erste Teil, deren Fortsetzungen als „Herr und Frau Knopp“ 1876 und „Julchen“ 1877 erschien. |
Erstmals ist hier der Bürger nicht Opfer handlungsstarker Plagegeister, wie es in „Max und Moritz“ oder „Hans Huckebein, der Unglücksrabe“ der Fall war, sondern durchgängig die handelnde Hauptperson. So greift er in seinen Bildergeschichten die Selbstzufriedenheit und zweifelhafte Moralauffassung des Spießbürgers und die Frömmelei bürgerlicher und geistlicher Personen an.
Nach Ansicht seines Biographen Berndt Wessling hat Wilhelm Busch sich mit dieser Trilogie auch den eigenen Wunsch nach einer Ehe vom Leib geschrieben.Busch lebte zu der Zeit in Lebensumständen, die in einzelnen Merkmalen der seines Helden Tobias Knopp entsprach. Er fand seine Haushälterin in seiner Schwester Fanny, die mit dem Pastor Hermann Nöldeke verheiratet war. Seine Versuche, mit einer Frau eine langfristige Verbindung einzugehen, waren alle zuvor gescheitert.
Zu Beginn des ersten Teils lässt Busch seinen Helden Tobias Knopp der eigenen Vergänglichkeit gewahr werden:
Rosen, Tanten, Basen, Nelken
Sind genötigt zu verwelken;
Ach - und endlich auch durch mich
Macht man einen dicken Strich.
Von der Möglichkeit, eines Tages unbetrauert sterben zu müssen, überwältigt, beschließt er sich durch Heirat einer trauernden Hinterbliebenschaft zu sichern.
Dieses ist ja fürchterlich
Also Knopp, vermähle dich.
Um der Leere seines Daseins zu begegnen macht er seiner Haushälterin einen Heiratsantrag, der nach Meinung Buschs Biografen Joseph Kraus der kürzeste der deutschen Literaturgeschichte ist:
Mädchen, – spricht er – sag mir ob
Und sie lächelt: Ja, Herr Knopp!
"Herr und Frau Knopp: Eheliche Ergötzlichkeiten" (1875-77) - Grafische Sammlung Albertina
Zum neuen Lebensinhalt wird Tochter Julchen. Und nachdem Tobias Knopp ein zufriedenes Eheleben lang von einer Mahlzeit zur anderen duselt und schließlich auch seine Tochter verheiratet hat, wird sein Leben wieder gänzlich bedeutungslos.
Knopp der hat hienieden nun
Eigentlich nichts mehr zu tun.
Er hat seinen Zweck erfüllt.
Runzlich wird sein Lebensbild.