Karl Kraus
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Karl Kraus, einer der bedeutendsten Schriftsteller des beginnenden 20. Jahrhunderts, wurde am 28. April 1874 in Gitschin, damals Österreich-Ungarn, geboren.
1877 zog er zusammen mit seinen Eltern, dem jüdischen Papierfabrikanten Jakob Kraus und Ernestine Kraus, nach Wien.
1892 begann Kraus sein Studium an der juristischen und philosophischen Fakultät der Universität Wien, schließt es jedoch nicht ab. Sein Interesse galt vorrangig der zeitgenössischen Literatur und dem Theater, wobei er mit seinen Lesungen großen Anklang fand.
Seine erste satirische Publikation „Die demolirte Literatur“, die er 1897 veröffentlichte, war ein großer Publikumserfolg. In der Satire distanziert er sich von der Dekadenz der Gruppe „Jungwien“, deren Vertreter unter anderem Hermann Bahr, Hugo von Hofmannsthal und Arthur Schnitzler waren. Im selben Jahr wurde Kraus Wiener Korrespondent der „Breslauer Zeitung“.
Im April 1899 erschien erstmals die, von Kraus gegründete, Zeitung „Die Fackel“, an der in den folgenden Jahren Künstler wie Detlev von Liliencron und Else Lasker-Schüler mitarbeiteten. „Die Fackel“, entwickelte sich zu einer führenden kultur- und gesellschaftskritischen Zeitschrift, in der er 37 Jahre lang alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens analysierte und kritisierte. Seine engagierte Kritik richtete sich in erster Linie gegen einen verlogenen, sensationsheischenden Journalismus, was ihm 1901 eine Gerichtsverhandlung gegen Hermann Bahr und Emmerich Bukovics, denen er in der “Fackel“ Korruption vorwirft, einbringt. Kraus verliert den Prozess.
1902 verfasste Kraus das Essay „Sittlichkeit und Kriminalität“, in dem er die Doppelmoral von Justiz, Presse und Gesellschaft angreift.
Nachdem Kraus 1899 aus der jüdischen Religionsgemeinschaft ausgetreten war, ließ er sich am 8. April 1911 in der Wiener Karlskirche römisch-katholisch taufen. Sein Taufpate war Adolf Loos.
Ab 1911 erscheint „Die Fackel“ ausschließlich mit Texten von Kraus.
Im Blickfeld seiner Kritik stand auch jegliche ethisch und ästhetisch fragwürdige Literatur. In seinem Essay „Heine und die Folgen“ von 1911 kritisiert er das instrumentelle Verhältnis der zeitgenössischen Literatur zur Sprache.
Im „Theater der Dichtung“ rezitiert Kraus dramatische Texte unter anderem von Shakespeare, Goethe, Raimund, Nestroy und Jacques Offenbach in voller Länge. Damit versucht er auf das Sprachbewusstsein früherer Zeiten hinzuweisen und gegen die Sprachlosigkeit seiner Epoche anzukämpfen.
Kraus hielt insgesamt 700 Vorlesungen aus eigenen und fremden Schriften, in denen er sein Auditorium durch seine Sprachgewalt und seine Persönlichkeit faszinierte.
In seinem Drama „Die Letzten Tage der Menschheit“ (1918/19) zeichnet er ein umfassendes Bild des Krieges im Hinterland und an der Front, indem er durch die Verwendung wörtlicher Zitate bekannter Persönlichkeiten die Inhumanität des Kriegs anprangert. Teile des Theaterstückes werden in der „Fackel“ abgedruckt und 1919 erschien es in einem Sonderheft der „Fackel“.
1921 veröffentlicht er die Operette „Literatur oder Man wird doch da sehn“ als satirische Antwort auf Franz Werfels polemisches Stück „Spiegelmensch“ und greift somit den Expressionismus an.
In den 20er Jahren polemisierte Kraus vor allem gegen den Journalisten und Verleger Imre Békessy mit der Schrift „Hinaus aus Wien mit dem Schuft!“, gegen die Wiener Polizei insbesondere gegen den Polizeidirektor Johann Schober und gegen den Berliner Theaterkritiker Alfred Kerr wegen seiner Kriegslyrik.
1933 erschien nach der Machtergreifung Adolf Hitlers monatelang keine Ausgabe der „Fackel“. Kraus beginnt in dieser Zeit mit der Arbeit an einem umfangreichen Text, der die Machtübernahme und die ersten Monate der nationalsozialistischen Herrschaft bewältigen sollte und die Nationalsozialisten und ihre Sympathisanten analysiert. Er verzichtet jedoch auf dessen Veröffentlichung, da er Freunde in Deutschland nicht in Gefahr bringen wollte. Das Werk erschien erst 1952 posthum unter dem Titel „Dritte Walpurgisnacht“.
Im November 1935 findet die letzte öffentliche Vorlesung statt. Da Gegner die Vorlesungen störten, verlegt sie Kraus in den privaten Bereich.
Im Februar 1936 erscheint das letzte Heft der „Fackel“ (Nr. 917-922). Im April 1936 liest Kraus seine 700. und gleichzeitig letzte Vorlesung. Am 12. Juni stirbt Karl Kraus in Wien an Herz- und Gehirnschlag.